Unglaublich, aber wahr: Schon Ende des 19. Jahrhunderts begannen erste Versuche, Elektrizität auf Tasteninstrumente anzuwenden. Um 1890 – also etwa 160 Jahre nach der Entwicklung des Hammerklaviers durch Cristofori – erfand der Berliner Rechtsanwalt Dr. Richard Eisenmann das "Elektrophonische Klavier". Das Patent (manche Quellen nennen für das Patent das Jahr 1891, andere das Jahr 1896) wurde erteilt für "eine elektromagnetische Mechanik an Flügeln und Pianinos zur Verlängerung einzelner Töne".

Als Eisenmann einen elektronischen Flügel präsentierte, bei dem die Saiten – nach wie vor von Klavierhämmern angeschlagen – durch elektromagnetische Verfahren länger in Schwingung gehalten werden konnten, die Töne also ausdauernd klangen, erregte dies großes Aufsehen. Der Begriff "elektrophonisch" setzt sich übrigens aus den Bestandteilen "elektronisch" und "phonisch" (den Ton betreffend) zusammen.

Um 1930 Neo-Bechstein

Ein Meilenstein in der Geschichte der elektro-mechanischen Tasteninstrumente wurde schließlich um 1930 gelegt. Der deutsche Physiker und Nobelpreisträger Prof. Hermann Walther Nernst entwickelte als Leiter des Physikalischen Instituts der Humboldt-Universität zu Berlin zusammen mit den Firmen Bechstein und Siemens einen elektro-akustischen Flügel, der als "Neo-Bechstein" berühmt wurde.

Beim "Neo-Bechstein-Flügel" wurden die dünnen Saiten mit sehr leichten Hämmern angeschlagen. Die Schwingungen der Saiten wurden mit Tonabnehmern (Magnetspulen) aufgenommen, mit einem Röhrenverstärker verstärkt und über Lautsprecher wiedergegeben. Der "Neo-Bechstein" hatte keinen Resonanzboden. Über die Pedale konnten Cembalo- oder Celesta-Töne erzeugt – also "fremde" Instrumente nachgeahmt – sowie die Lautstärke reguliert werden. Voraussetzungen für die Konstruktion bzw. Funktionalität des "Neo-Bechstein" waren die Erfindung der Elektronenröhre (1906) und des Lautsprechers (1920er Jahre) gewesen.

Im Sommer 1931 wurde in Berlin der "Neo-Bechstein-Flügel", auch "Bechstein-Siemens-Nernst-Flügel" genannt, vorgeführt. Der Flügel war eine Sensation, das geladene Publikum angesichts der Möglichkeiten sprachlos. Mit diesem Flügel konnte man sogar Schallplatten aufnehmen!

Ab 1955 Wurlitzer Electric Piano

In den 1950er Jahren entstand ein weiteres elektro-mechanisches Klavier: das "Wurlitzer Electric Piano". Die Rudolph Wurlitzer Company bzw. "Wurlitzer" ist den meisten Menschen heute vor allem wegen seiner populären Jukeboxen ein Begriff. Das amerikanische Unternehmen stellte von 1853 bis 1985 unterschiedliche Musikinstrumente und Jukeboxen her. Das "Wurlitzer Electric Piano" wurde ab 1955 produziert. Erfunden wurde das Instrument von Benjamin Meissner.

Das Kinder der 50er konnte in den folgenden Jahrzehnten vor allem in den Musikrichtungen Jazz, Funk und Soul punkten. Charakteristisch für dieses Instrument, das noch bis 1982 hergestellt wurde, war die Klangerzeugung über "Reeds". Bei diesen Reeds handelte es sich um kleine Metallzungen, die anstelle der üblichen Saiten über Hämmer angeschlagen wurden. Der vibraphonartige Ton wurde über Kondensatorplatten abgenommen. Über ein Pedal konnte die Länge des angeschlagenen Tones modifiziert werden.

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  1. 1. Einleitung
  2. 2. Akustische Pianos
  3. 3. Elektro-mechanische Pianos
  4. 4. Elektronische Pianos
  5. 5. Glossar